
Fotograf(in): Königlich Preußische Messbild-Anstalt
Architekturmuseum TU-Berlin, Inventarnr. F 0058
Pariser Platz 6 und 7
1735 fällt das Grundstück Pariser Platz 7 als Erbverschreibung an den Geheimen Rath und Stadtpräsidenten Heinrich Adam von Neuendorf. Das Grundstück von Neuendorf umfasst auch das benachbarte Grundstück Pariser Platz 6 und wird 1737 mit einem dreigeschossigen Wohnhaus mit mittiger Durchfahrt bebaut. Eigentümerwechsel folgen: 1765 der Kaufmann Johann Georg Sieburg, 1827 die Destillateure Christian Friedrich und Johann Heinrich Moewes.

Maler: Charles Meynier
Charles Meynier [Public domain], via Wikimedia Commons
Carl August Sommer erwirbt die Grundstücke 6 und 7: Umbau durch Friedrich August Stüler
1842 kauft der Zimmermeister Carl August Sommer die Grundstücke Pariser Platz 6 und 7 und erteilt den Auftrag zum Umbau des bisherigen Baubestandes. 1846 wird das Grundstück geteilt und die bestehenden Gebäude werden baulich verändert. Der Schinkel-Schüler Friedrich August Stüler (1800–1865) erhält den Auftrag, Entwürfe zu den Umbauten zu erstellen. Trotz großer Bedenken, die umgestalteten Gebäude könnten das Gesamtbild des Pariser Platzes – vor allem in direkter Nähe zum Brandenburger Tor – negativ verändern, erhält Sommer 1844 den Bauerlaubnisschein für alle Gebäude. Sie werden um ein Stockwerk erhöht und erhalten Fassaden im Stil des formalen Klassizismus. In die Grundakten wird aufgenommen, der Besitzer des Hauses Nr. 7 habe Sorge zu tragen, dass die Fassaden so wie hergestellt erhalten bleiben in Stil und Farbgebung. Auch der neu aufgesetzte Turm (Grundstück 6a) darf nicht verändert werden. Seltsamerweise ist dieser Eintrag nie gelöscht worden – und müsste so bis heute gültig sein.
Das Palais und das Brandenburger Tor
Das Haus Nr. 7 erhält ein belichtetes Kellergeschoss, statt des Mansardendaches ein weiteres Stockwerk, darüber ein Drempelgeschoss (oberstes Geschoss, bei dem die Dachschräge etwa auf Kniehöhe ansetzt) und ein flaches Zinkdach. Diese Veränderung rechts des Brandenburger Tors erzeugt Unbill: Das Tor werde gedrückt, seine Ansicht gerate aus dem Lot. Sommer erwirbt 1847 das Grundstück Nr. 1, lässt das dortige Gebäude abreißen und einen Neubau spiegelbildlich zum Gebäude auf Nr. 7 errichten. Das Tor ist wieder im Lot. Seine neue Einfassung entspricht nun auch den Vorstellungen des Königs, Friedrich Wilhelm IV: Das neue spätklassizistische Ensemble löst das alte barocke ab, die Traufhöhe der neuen Gebäude respektiert zwar das Tor, unterwirft sich ihm jedoch nicht länger.

Fotograf(in): Königlich Preußische Messbild-Anstalt
Architekturmuseum TU-Berlin, Inventarnr. F 0058
Palais Liebermann: Umbau durch Christian Heidecke
1857 erwirbt der Kattun- und Garnfabrikant Louis Liebermann (1819–1894) das Grundstück Pariser Platz 7 und lässt das Gebäude 1870–1872 von dem vom gehobenen Bürgertum gefragten Architekten und Königlichen Baurat Christian Heidecke (1837–1925) umbauen. Es wird zum Elternhaus des Malers Max Liebermanns.
Prozess um das Atelier Max Liebermanns
1872 zieht Max Liebermann nach Paris, 1878 nach München. 1884 kehrt er nach Berlin zurück. Nach dem Tod des Vaters erbt er das Palais am Pariser Platz 7, wo er nun lebt und arbeitet. Liebermanns Wunsch, das Drempelgeschoss erhöhen zu dürfen, wird abschlägig beschieden. Nach langem Prozess gegen Kaiser Wilhelm II. lässt er jedoch hinter der Attika einen gläsernen Atelieraufbau errichten. Der Architekt Hans Grisebach (1848–1904) entwirft und realisiert diesen Aufbau. Über der Westseite des Palais setzt er ein leicht ansteigendes Glasdach in einer Breite von ca. vier Fensterachsen auf das Drempelgeschoss. Von unten ist der Aufbau nahezu unsichtbar – die hohe umlaufende Brüstung des Palais verbirgt es.
Nach Grisebachs Entwürfen entstehen in Berlin und im gesamten Deutschen Reich bedeutende und stadtbildprägende Privat- und Geschäftshäuser und 1891/92 sein eigenes Wohn- und Atelierhaus in der Fasanenstraße, heute Sitz des Berliner Auktionshauses Grisebach.

Scan aus „Max Liebermann und die französischen Impressionisten“, public domain
Max Liebermann und die Akademie
Anlässlich des fünfzigsten Geburtstages Max Liebermanns wird sein Werk 1897 in einer Akademieausstellung gewürdigt. Der Maler wird zum Professor der Königlichen Akademie der Künste in Berlin ernannt. Jedoch stoßen seine Entwicklung zum Impressionismus und seine Wertschätzung anderer Künstler (z. B. Käte Kollwitz, Walter Leistikow) auf Ablehnung der Akademie. 1898 gründet er deshalb zusammen mit anderen Künstlern die „Berliner Secession“, deren Präsident er bis 1911 bleibt. 1917 entspannt sich das Verhältnis zur Akademie: Anlässlich seines 70. Geburtstages präsentiert die Königliche Akademie der Künste eine Gesamtschau seines Werkes. 1932 wird er gar zum Ehrenpräsidenten der jetzt Preußischen Akademie der Künste ernannt.
Tod und Zerstörung
Doch diese Wertschätzung dauert nicht lange an: 1933 erteilen die Nationalsozialisten dem Juden Max Liebermann Arbeitsverbot. 1935 stirbt der Maler in Berlin, seine Frau Martha begeht 1943 angesichts der drohenden Deportation ins KZ Theresienstadt Selbstmord. Die meisten Werke der berühmten privaten Kunstsammlung Liebermanns werden von der Gestapo beschlagnahmt, das Palais Liebermann wie nahezu der gesamte Pariser Platz 1943 von Bomben zerstört.

Bundesarchiv, B 145 Bild-P054320 / Fotograf: Carl Weinrother; Lizenz CC-BY-SA 3.0
- archINFORM: Friedrich August Stüler Website
- Börsch-Supan, Eva (2013): „Stüler, Friedrich August“ in: Neue Deutsche Biographie 25, Online-Version
- Demps, Laurenz (1995): Der Pariser Platz, Berlin, DNB
- Grisebach: Die Villa, Website
- Stiftung Brandenburger Tor: Max Liebermann Haus, Website
- Ziegler, Hendrik (2005): Max Liebermann, Archiv Universität Heidelberg
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Standort | Pariser Platz 7 |
Architekt(en) |
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Erbaut | unbekannt |
Zustand |
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Nutzer |
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Ensemble | |
Nachfolger | Max Liebermann Haus (1998) |
Auftraggeber |
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